Für sein einzigartiges Theater-Konzept „Stage-Enter“ hat Murat Yeginer die Verdienstmedaille des Präventionsvereins “Sicheres Pforzheim – sicherer Enzkreis e.V.” erhalten.
Prävention bedeutet, zu wissen, dass man dazu gehört. Dort abgeholt zu werden, wo man steht, und sich gemeinsam weiter entwickeln zu dürfen. Gemeinsam Verantwortung zu übernehmen für eine Gesellschaft, mit der wir uns alle identifizieren. Diese Form der Prävention verlangt eine wahrhaftige Integration und ist für unsere Gesellschaft überlebenswichtig. Und zwar nicht nur in Bezug auf die so genannte Migrations-Problematik. Wir brauchen ebenso dringend verantwortungsvolle Integrations-Bestrebungen in den sich abzeichnenden Konflikten zwischen Jung und Alt, zwischen arm und reich, zwischen den Bildungsschichten, zwischen Religionen und Weltanschauungen. Unsere Gesellschaft kann sich nur dann zukunftsfähig ausrichten, wenn es uns gelingt, die unterschiedlichsten Lebenswelten füreinander durchlässig zu machen. Prävention bedeutet also, dass die verschiedenen Lebenswelten einander auf Augenhöhe begegnen. Die faszinierende Welt des Theaters bietet eine Ebene, auf der dies möglich ist. Hier ist keiner von vorneherein besser oder wichtiger als andere.
Wir erarbeiten mit einer Gruppe von Jugendlichen aus ganz unterschiedlichen Lebensbereichen – Gymnasiasten, Realschülern und Hauptschülern, Deutschen und Migranten aus verschiedenen Nationen, mit verschiedenen Religionen und aus unterschiedlichen Sozialstrukturen – unter professionellen Bedingungen ein Theaterstück. Regisseur, Bühnenbildner, Regieassistenz, Musiker, Bühnentechniker und Schauspieler kommen aus dem Profi Bereich. Mit ihnen stehen bis zu 15 Jugendliche (manche davon doppelt besetzt) auf der Bühne. 15 weitere Jungen und Mädchen bilden das Rückrat hinter der Bühne. Ziel ist, dass die Jugendlichen am Ende der Probenzeit selbständig eine Vorstellung fahren können. Sie sind verantwortlich für Licht und Ton, Maske, Requisite und die Umzüge der Darsteller. Während der Proben werden sie professionell an diese Aufgaben herangeführt. Die Vorstellungen begleiten sie in Eigenregie, natürlich unter der Obhut eines Profis, der sich bewusst im Hintergrund hält. In den ersten drei Jahren haben wir jeweils 15 ausverkaufte Vorstellungen gespielt. Aufgrund des großen Publikums-Interesses wurde Stage-Enter in der vierten Spielzeit im großen Haus gespielt.
• Jugendliche aus verschiedenen Kulturkreisen erbringen gemeinsam mit Erwachsenen eine Leistung, für die sie unmittelbar Anerkennung von außen erhalten.
• Über das Spielerische und Phantastische erleben sie zugleich den Wert von Tugenden wie Disziplin, Pünktlichkeit, Fleiß und Übung.
• Beim Erarbeiten des Stücks machen sie die Erfahrung, dass man auftretende Konflikte lösen muss und aufeinander angewiesen ist, um erfolgreich zu sein.
• Sie lernen Techniken und Methoden, sich selbst auszudrücken, Kraft und Emotionen kontrolliert einzusetzen und ihre individuellen Fähigkeiten in ein Gesamtkonzept einzubringen.
• Sie können am Ende stolz auf das Ergebnis sein und erfahren das Gefühl, ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft zu sein.
• Mit ihren öffentlichen Auftritten bieten sie auch ihren Verwandten und Bekannten die Gelegenheit, das Theater unvoreingenommen als Kultur-Ort für sich zu entdecken.
Darüber hinaus erwirbt jede / jeder Beteiligte ein Rüstzeug, das ihnen ermöglicht, mit verschiedenartigen Konflikt-Situationen angemessen umzugehen. Sie lernen
• sich selbst realistisch einzuschätzen,
• individuelle Fähigkeiten auszubauen,
• insgesamt ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln.
Außerdem stehen handfeste Fertigkeiten wie Körperbeherrschung, Körpersprache, Stimmbildung, Sprechtechniken und eine klar verständliche Artikulation auf dem Probenprogramm. Gleichzeitig werden natürlich Lesefähigkeit, Textverständnis und Interpretation geschult sowie Interesse für historische und soziale Zusammenhänge geweckt. Diese Fähigkeiten werden den jungen Leuten im späteren Leben immer weiter helfen, ob sie Fußballer werden, Geschäftsleute, Politiker, Handwerker oder Lehrer.